Große Konkurrenz und „donnernder Applaus“ auf dem Science Slam
Ein in grün-blaues Licht getauchter Raum, Menschen mit ungewöhnlichen Fragen und noch kreativeren Antworten wollen auf die Bühne. Mein Patient fürchtet eine OP bei Vollmond, was soll ich tun? Meine OP-Schraube ist verpackt wie eine Matroschka-Puppe, nur wozu? Sind Gamer die besseren Chirurginnen und Chirurgen? Sollte ich mich, um später einmal minimalinvasive Eingriffe gekonnt durchzuführen, schon früh mit einer Spielekonsole vertraut machen? – Wo befinden wir uns? Ein derartiges Treiben kann es nur auf dem Science Slam, dem nicht mehr wegzudenkenden Programmhighlight des DKOU geben. Fünf Kandidaten und eine Kandidatin haben sich in diesem Jahr getraut und ihren jeweils ganz eigenen Blick auf Themen des ärztlichen Alltags mit einem Augenzwinkern, einer Gesangseinlage und, zur Freude des Publikums, mit einer XXL-Fruchtgummi-Box geteilt.

Eine eingespielte Jury, eine charmante Moderation und eine Glocke stehen bereit, die Regeln sind klar definiert – sei originell, sei lustig und bringe wissenschaftliche Erkenntnisse zutage – die Zeit ist scharf begrenzt, tosender Klatschpappen-Lärm das Ziel einer jeden Performance. Fragestellungen, die auf den Klinikfluren noch als unpassend galten, bekommen beim Science Slam plötzlich ihre Berechtigung. Mit lustigen Analyseverfahren und rhetorischem Geschick ringen die Vortragenden am Mittwochabend der DKOU-Woche um die Aufmerksamkeit der Zuschauerinnen und Zuschauer. Am Ende kommt es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen, das schließlich nicht einen, sondern erstmals zwei Gewinner hervorbringt.
Wer sind die beiden Slammer und mit welchen Präsentationen haben sie überzeugt?

Der Titel des Vortrags von Dr. Orkun Özkurtul „Radiologe, Pathologe oder Unfallchirurg – Wer kann es besser? Vergleich der Detektionsgenauigkeit pelviner Verletzungen von autoptischen und radiologischen Befunden“ erinnere an eine Kategorie Witze, die meist gar keine sind und vielmehr als unausgesprochene Wahrheiten gelten, scherzte Moderatorin Dr. Marie Samland bei der Ankündigung ihres ehemaligen Leipziger Kollegens. Özkurtul stößt bei Nachforschungen zur Todesursache polytraumatisierter Patienten zufällig auf die erheblich voneinander abweichenden Befunde aus Radiologie und Pathologie. Mittels einer Studie will er den Gründen hierfür nachgehen und vor allem herausfinden, wie sich die eigene Berufsgruppe daneben schlägt: Der präsentierte diagnostische Genauigkeitsvergleich von Beckenringfrakturen bringt letztlich zutage, was allgemeinhin anzunehmen war: Der Unfallchirurg ist der Alleskönner – rappend stimmt Özkurtul darauf eine Siegeshymne auf die Unfallchirurgie ein.

Auf den exorbitanten Verpackungsmüll, der täglich in unseren Krankenhäusern entsteht, macht der Hamburger Prof. Dr. Christian Kühne in seinem Vortrag „Kleine OP – großer Müll“ eindrucksvoll aufmerksam. Nach seinen Berechnungen wächst der allein durch distale Radiusfrakturen hervorgerufene Plastikmüll in Deutschland auf 7,2 Tonnen bis zum Ende eines Jahres an. Kleinste Titanschrauben gelangen in überdimensionierten Verpackungsformaten in den Verkauf und müssen, bevor die Operation auch nur starten kann, erst einmal aus ihrer opulenten Box befreit werden, was das nächste Problem nach sich zieht: Das unnötige Verpackungsmonster entpuppt sich als ungeahnter Zeitfresser. Zusammengerechnet könne man für die aufgewendete Bereitstellungszeit eine komplette Weltumsegelung mit einem High-Speed-Trimaran machen, ein Hin- und Rückflugticket zum Mars einlösen und es würden immer noch vier bis fünf Tage für eine Bahnstrecke nach Wahl verbleiben.

Die beiden Sieger teilen sich das Slam-Stipendium der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) in Höhe von insgesamt 1.000 Euro. Dem Jungen Forum O und U ist zum fünften Mal eine tolle Organisation mit vielleicht schon neu etablierten Standards gelungen.
Die Aufzeichnung ist jetzt noch einmal als Rückschau auf einen großartigen Kongress in ganzer Länge abrufbar.
Autorin: Angelika Julius, Online-Kommunikation DGOU