„Die Unfallchirurgie in Deutschland - unsere Verantwortung und Verpflichtung“
Im Gespräch mit der Politik

Krankenhausreform im Fokus: Generalsekretäre äußern Bedenken bei öffentlicher Anhörung

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So lang wie der Name des neuen Gesetzes ist, so lange scheint auch die Fertigstellung zu dauern: Die Rede ist vom Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betont zwar immer wieder, dass der Zeitplan für die große Krankenhausreform eingehalten wird, doch dem Referentenentwurf mangelt es nicht an Kritik: Bei der Anhörung am 25. September 2024 äußerten mehr als 40 Verbände, Krankenkassen und Ärztevereinigungen ihre Verbesserungsvorschläge. Die DGOU hatte bereits im Vorfeld der Anhörung detaillierte Unterlagen an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) übersandt. Zum digitalen Termin zugeschaltet waren dann die DGOU-Generalsekretäre Prof. Dr. Dietmar Pennig und Prof. Dr. Bernd Kladny. Im Interview erläutern sie, welche Punkte aus ihrer Sicht für O und U wichtig sind.

Mit welchen Punkten konnten Sie sich bei der Anhörung einbringen und wie wurden diese aufgegriffen?

Prof. Pennig: Die Anhörung war mit insgesamt zwei Stunden reiner Sprechzeit knapp geplant. Wie üblich haben die Fraktionen ihre Zeiten ausgenutzt. Wir konnten die Leistungsgruppe Spezielle Traumatologie und die Leistungsgruppe Spezielle Chirurgie im Kinder- und Jugendalter adressieren.

In der Leistungsgruppe Spezielle Kinder- und Jugendchirurgie wird die Vorhaltung von Kinder- und Jugendchirurgen bei jedem Eingriff dieser Altersgruppe als Strukturvoraussetzung gefordert. Wie lautet Ihre Kritik?

Prof. Pennig: Wir haben angesprochen, dass es sich um eine Fehlentwicklung handelt, wenn für diese Leistungsgruppe die Präsenz von fünf Kinder- und Jugendchirurgen bei Eingriffen egal welcher Genese gefordert wird. Es ist ganz sicher nicht so, dass eine entsprechende Anzahl von Kinder- und Jugendchirurgen zur Verfügung steht, um diese Vorgabe bei jedweden Eingriffen im Kindesalter sicherzustellen. Diese Forderung ist falsch und resultiert aus einer Fehlinterpretation der Weiterbildung zum Kinder- und Jugendchirurgen, die eine große Breite aufweist. Zu diesem Punkt haben wir ausführliche Unterlagen und einen konsentierten Entwurf, der Kriterien für diese Leistungsgruppe in Abstimmung mit den versorgenden Disziplinen und auch den Kinderchirurgen eingereicht. Der jetzige Entwurf in der Vorlage des Kabinetts gefährdet die Versorgungssicherheit der Patienten im Kinder- und Jugendalter.

In der Leistungsgruppe Spezielle Traumatologie wird im Rahmen des Gesetzentwurfes als Strukturvoraussetzung gefordert, dass eine Zulassung gemäß Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) der DGUV vorliegen muss. Welche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit von Verletzten sind hier zu erwarten?

Prof. Pennig: Wir haben klargemacht, dass die Einbeziehung der beiden Stufen der DGUV, VAV und SAV die wesentliche Voraussetzung zur flächendeckenden Versorgung komplexer Traumata ist. Dies dient dazu andere Kliniken zu entlasten, um die zahlenmäßig häufigen Eingriffe, wie beispielsweise die coxale Femurfraktur, abbilden zu können.

Wie zufrieden sind Sie mit der Definition der Leistungsgruppe Endoprothetik?

Prof. Kladny: Die Kriterien für die Zuteilung der Leistungsgruppen in der Endoprothetik bedürfen im Hinblick auf die Qualität einer Nachjustierung, wobei man sich sehr gut an den Vorgaben zur Zertifizierung von Endoprothetik-Zentren orientieren kann. Wir haben daher dem Gesundheitsausschuss eine ausführliche Argumentationslinie für die Endoprothetik zukommen lassen.

Wo hapert es noch?

Prof. Kladny:Für die Zuteilung der Leistungsgruppe Allgemeine Chirurgie ist unverständlicherweise immer noch ein Allgemeinchirurg zwingende Voraussetzung. In dieser Leistungsgruppe sind jedoch aufwendige Operationen an Gelenken, Knochen und Weichteilen zu erbringen sowie die gesamte Tumororthopädie und umfangreiche traumatologische Inhalte enthalten.

Prof. Pennig: Die Unterbringung von wichtigen, aber zahlenmäßig geringen Eingriffen wie beispielsweise der Tumororthopädie in die Allgemeine Chirurgie stellt aus unserer Sicht ein grundsätzliches Problem dar, da hier eine Fehlinterpretation der Begrifflichkeit Allgemeine Chirurgie droht.

Prof. Kladny: Auch die fehlende Berücksichtigung von aufwendigen Operationen zum Gelenkerhalt birgt die Gefahr, dass die Eingriffe, die jetzt in der Allgemeinen Chirurgie abgebildet sind, nicht mehr stattfinden. Die Fachkliniken bedürfen einer besonderen Betrachtung, da beim Wegfall erhebliche Lücken in einer hoch spezialisierten Versorgung drohen. Es fehlen unverändert belastbare Auswirkungsanalysen. Eine Zentrenbildung durch Zuteilung der Leistungsgruppen darf keinesfalls als Resultat lange Wartelisten für eine erforderliche Behandlung produzieren.

Zum Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG) anlässlich der Anhörung am 25.09.24 haben die DGOU und die DGOOC eine gemeinsame Stellungnahme erarbeitet. Diese kann über die DGOU-Geschäftsstelle angefordert werden.

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