„Die Unfallchirurgie in Deutschland - unsere Verantwortung und Verpflichtung“
Lesetipp OUMN

Was passiert, wenn ein Krankenhaus insolvent ist?

© EmDali / stock.adobe.com

Immer mehr Krankenhäuser stehen vor dem Aus. Gründe für die schwierige finanzielle Lage sind zum einen die Inflation und die damit verbundenen steigenden Personal- und Energiekosten. Zum anderen haben die Patientenfallzahlen im stationären Bereich in den vergangenen Jahren abgenommen, was zu reduzierten Erlösen in den Kliniken führte. Laut Deutschem Ärzteblatt mussten im Jahr 2023 bundesweit insgesamt 30 Kliniken ein Insolvenzverfahren eröffnen. Welche Bedeutung ein solches Verfahren für die betroffenen leitenden Ärztinnen und Ärzte hat, führt Rechtsanwalt Norbert H. Müller von der Kanzlei Klostermann aus Bochum in der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift „Orthopädie und Unfallchirurgie – Mitteilungen und Nachrichten“ (OUMN) aus.

Als insolvent und damit insolvenzantragspflichtig ist ein Krankenhaus, wenn es überschuldet (§ 19 InsO) oder zahlungsunfähig (§ 17 InsO) ist. Das Insolvenzverfahren wird mit dem Insolvenzantrag, den der Schuldner selbst oder einer der Gläubiger stellen kann, beim zuständigen Amtsgericht eingeleitet. Daraufhin prüft das Insolvenzgericht, ob eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorliegen und ob die voraussichtlichen Kosten eines Insolvenzverfahrens gedeckt sind. Falls keine Kostendeckung vorliegt, kann eine Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgelehnt werden.

Vorläufiges Insolvenzverfahren

Um die Insolvenzmasse – dazu zählen alle Vermögenswerte des Krankenhausträgers – zu sichern, kann das Insolvenzgericht Maßnahmen anordnen. Hierzu zählen beispielsweise die vorläufige Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. Das Krankenhaus hat auch die Möglichkeit, einen Antrag auf Eigenverwaltung zu stellen. In diesem Fall wird kein Insolvenzverwalter eingesetzt, sondern lediglich ein Sachverwalter gestellt, der die leitende Geschäftsführung überwacht.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Insolvenzgeld

Wird das Insolvenzverfahren durch Beschluss des Insolvenzgerichts eröffnet, gehen alle Verfügungsrechte auf den Insolvenzverwalter über. Dieser nimmt zur Durchführung des Verfahrens weitere Verbindlichkeiten auf, die sogenannten Masseverbindlichkeiten. Im Gegensatz zu den Insolvenzforderungen, die bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren, sind Masseverbindlichkeiten Forderungen, die erst mit der Verfahrenseröffnung entstehen.

Wie sieht es mit Gehaltsforderungen aus? Laut § 108 InsO bestehen alle Arbeitsverhältnisse fort, sodass Forderungen wie z. B. Vergütungsansprüche, die nach einer Insolvenzeröffnung entstehen, auch Masseverbindlichkeiten sind. Diese müssen vorrangig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden, während Gläubiger von Insolvenzforderungen oft nur eine quotale Befriedigung erhalten, meist sogar erst Jahre später nach Abschluss des Insolvenzverfahrens. Das bedeutet, dass rückständige Lohnforderungen bis zur Insolvenzeröffnung verloren sind oder möglicherweise viel später mit einer geringeren prozentualen Quote gezahlt werden. Dagegen gilt die Arbeitsleistung ab Insolvenzeröffnung als gesichert und ist unverändert zu bezahlen. Zum Ausgleich erhalten Arbeitnehmer rückwirkend für die letzten drei Monate vor Verfahrenseröffnung einen Anspruch auf Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit, insofern noch Vergütungsansprüche bestehen.

Auswirkung der Insolvenz auf variable Vergütungsansprüche

Bei leitenden Ärztinnen und Ärzten setzt sich die Vergütung in der Regel aus einem fixen Betrag und der Einräumung des Liquidiationsrechts für gesondert berechenbare wahlärztliche Leistungen oder einer Beteiligung an den diesbezüglichen Einnahmen des Krankenhausträgers zusammen. Liquidationsberechtigte Ärzte stehen bei einer drohenden Insolvenz besser da, weil es sich bei den Liquidationseinnahmen um ihre eigenen Einnahmen handelt und nicht um die des Trägers, die wiederum in die Insolvenzmasse einfließen. Ärztinnen und Ärzte, die an den Einnahmen des Krankenhausträgers beteiligt sind, laufen bei einer Insolvenz dagegen in Gefahr, dass sie an den vor Insolvenzeröffnung eingegangenen Erlösen nur in Höhe der Insolvenzquote beteiligt werden.

Wie sich die wirtschaftlichen Risiken für leitende Angestellte konkret reduzieren lassen, welche weiteren Rechte Arbeitnehmerinnen und -nehmer im Insolvenzverfahren ausüben können und wie mit Kündigungen umzugehen ist, darüber informiert der Artikel „Krankenhäuser im finanziellen Notstand – was die Insolvenz für leitende Ärztinnen und Ärzte bedeutet“. (© DGOU und BVOU [2024] Published by Springer Medizin Verlag Berlin [2024]. All rights reserved.).

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